St. Nikolai zu Leipzig

Evangelisch-Lutherische Stadt- und Pfarrkirche

Der Mut zu baulichen und konzeptionellen Veränderungen schuf eine Kirche, an der die Stadt-, Kirchen-, Glaubens- und Kunstgeschichte von Beginn an ablesbar wird:

In Folge der Verleihung des Stadt- und Marktrechtes an Leipzig im Jahr 1165 beschlossen die Bürger der Stadt den Bau der Kirche, die dem Heiligen Nikolaus geweiht wurde. Der Heilige Nikolaus gilt als Schutzpatron der Handelsleute und Reisenden.

Noch heute erkennt man an der westlichen Fassade (Haupteingang) die ursprünglich romanische Bauform mit Rundbögen und Doppelturmanlage. Aus romanischer Zeit stammt auch das Kruzifix im Altarraum (um 1250).

Nikolaikirche

Im Jahr 1525 war der Umbau der romanischen Basilika zu einer spätgotischen Hallenkirche vollendet. Die sogenannte Lutherkanzel im gotischen Stil aus dem Jahr 1521 befindet sich heute in der Nordkapelle. Die Reformation wurde 1539/40 in Leipzig eingeführt, in St. Nikolai durch Pfarrer Johannes Pfeffinger, den ersten Superintendenten der Stadt.

In den Jahren 1723-1750 sorgte Johann Sebastian Bach für eine lebendige kirchenmusikalische Ausgestaltung der Gottesdienste in St. Nikolai und St. Thomae. Seine Amtseinführung als „Director musicae“ fand am 30. Mai 1723 in St. Nikolai statt. Er war gleichermaßen für beide Kirchen zuständig. Die im Jahr 1998 aufgestellte Bachstele in der Nähe des Eingangsbereichs erinnert an das Wirken des Komponisten.

Aus der Barockzeit stammen Hauptturm (1730) und Portal (1759).

Unter der Leitung des Stadtbaudirektors Johann Friedrich Carl Dauthe wurde in den Jahren 1784-1797 der Kircheninnenraum im klassizistischen Stil ausgestaltet. Im Zuge dieser konzeptionellen Umgestaltung entstanden im Altarraum und in den Vorhallen die Gemälde von Adam Friedrich Oeser (1717-1799), dem ersten Direktor der Leipziger „Zeichen- und Malerey- und Architectur-Academie“.

Die von dem Weißenfelser Orgelbaumeister Friedrich Ladegast gebaute Orgel wurde im Jahr 1862 geweiht und im Jahr 2004 durch die Bautzner Orgelbaufirma Eule restauriert und erweitert. Mit 6804 Pfeifen, 103 Registern und fünf Manualen ist sie die größte Kirchenorgel Sachsens.

Im Zusammenhang mit Restaurierungsarbeiten an der Kirche gestaltete der Leipziger Künstler Felix Pfeifer im Jahr 1905 vier Passionsreliefs aus Alabaster im Altarraum.

Die „Offene Kirche“ entwickelte sich seit 1980 mit der Friedensdekade und den seit 1982 wöchentlich montags 17 Uhr durchgeführten Friedensgebeten. Im Herbst 1989 wurde die Nikolaikirche Ausgangspunkt der gewaltfreien Montagsdemonstrationen, die den Zusammenbruch des DDR-Staates wesentlich herbeiführten und die Einheit Deutschlands ohne Krieg und Sieg ermöglichten: Ein Wunder biblischen Ausmaßes.

Der Osterlichtbaum „Gesprengte Fessel“ (Ostern 1995) im Mittelgang der Kirche erinnert an die Ereignisse von 1989. Ein weiteres Symbol für Frieden und Versöhnung stellt das 1996 der Kirchgemeinde verliehene Nagelkreuz von Coventry dar.

Umfassende Restaurierungsarbeiten, die in drei Perioden zwischen 1968 und 2004 durchgeführt wurden, lassen heute den Kircheninnenraum wieder in seiner frühklassizistischen Ausstattung erstrahlen. Mit mehr als 1400 Sitzplätzen gehört die Nikolaikirche zu den größten Kirchen Sachsens.

(Foto: Punctum Fotografie / Peter Franke)