Johann Sebastian Bach und die Nikolaikirche
Leipzig ist für J.S.Bach (geb. 21. März 1685 in Eisenach, verst. 28. Juli 1750 in Leipzig) Schicksalsstadt geworden. Hier hat er die längste Zeit seines Lebens, 27 Jahre lang, amtiert, komponiert, dirigiert und musiziert.
Dabei fing es so gar nicht verheißungsvoll an. Vor seiner Wahl erklärte einer der Ratsherren: „Da man keinen von den Besten bekommen könne, so bleibe nichts anderes übrig, als sich an einen Mittleren zu wenden und den Versuch zu machen, ob Bach aus Köthen für Leipzig zu gewinnen sei.“ Er ließ sich gewinnen. Und begann hier in der „Stadt- und Pfarrkirche St. Nikolai“ am 30. Mai 1723 – es war der 1. Sonntag nach Trinitatis – mit einer Kantatenaufführung im Gottesdienst sein Leipziger Amt.
Doch Leipzig blieb auch weiterhin für ihn schwierig. Nach siebenjähriger Amtsdauer klagte er seinem Freund G. Erdmann, er müsse „zu Leipzig in stetem Verdruß und ständiger Verfolgung leben.“
Nach seinem Tod war er beinahe vergessen. Kein Kreuz, kein Stein sind von seinem Grab geblieben. Geblieben ist aber ungeheuer mehr von ihm – seine Musik! Wie viele seiner Werke sind in dieser Stadt entstanden, bearbeitet, neu-, erst- und uraufgeführt worden! Genannt seien:
1723 die Motette „Jesu, meine Freude“ und das „Magnificat“
1724 die „Johannespassion“, St. Nikolai
1729 die „Matthäuspassion“, St. Thomae
1733 die „Hohe Messe“ in h-moll
1734/35 alle Kantaten des „Weihnachtsoratorium“, St. Nikolai
Dazu kommen Motetten und die Fülle der Kirchenkantaten, die in den Gottesdiensten der beiden Hauptkirchen St. Nikolai und St. Thomae erklangen. So ist ihm doch diese schwierige und aufregende Stadt Leipzig zum Segen geworden, nicht zuletzt durch Menschen wie den Superintendenten der Stadt, Salomon Deyling an der Nikolaikirche.
Später sagten namhafte Kollegen über ihn: „Nicht Bach, Meer müßte er heißen“ (L. v. Beethoven). „Bach ist Anfang und Ende aller Musik“ (M. Reger). So ist ihm und seiner Musik Anerkennung und Gerechtigkeit widerfahren. So war in den Mauern der Stadt etwas zeitlos Gültiges entstanden, nicht gleich erkannt und verstanden.
Wurde es 1723 als Gnade und Ehre für Bach angesehen, dass Leipzig ihn berief, so ist es heute eine Gnade und Ehre für Leipzig, dass Bach kam und blieb. Wer J. S. Bach wirklich für die Menschen damals und heute, für Kirche und Welt ist, das hat wohl Albert Schweitzer am tiefsten beschrieben:
„Das S.D.G. (Soli Deo Gloria = Gott allein die Ehre) und das J.J.(Jesu juva = Jesus, hilf), womit er seine Partituren ziert, ist für ihn keine Formel, sondern das Bekenntnis, das durch sein ganzes Schaffen hindurchgeht.Musik ist für ihn Gottesdienst. Bachs Künstlertum und Persönlichkeit ruhen auf seiner Frömmigkeit. Für ihn verhallen die Klänge nicht, sondern steigen als ein unaussprechliches Loben zu Gott empor.“