Das Glockenprojekt der Nikolaikirche Leipzig
Newsletter Nr. 7 – Dezember 2018
Jetzt können Sie was erleben
Guten Tag, liebe Freunde der Nikolaikirche,
das Jahr neigt sich dem Ende. Ein ereignisreiches war es – auch für unser gewichtiges und klangvolles Glockenprojekt. So viel haben wir entschieden, finalisiert, koordiniert … So manches davon haben Sie miterleben können. Im Februar nun beginnen die Arbeiten vor Ort in den Türmen und es wird richtig spannend bis – jetzt dürfen Sie den Terminkalender zücken – bis Ende Juni. Denn da feiern wir die Glockenweihe und laden Sie schon jetzt herzlichst dazu ein.
Glocken einmal hautnah erleben – am Fest-Wochenende 28.-30. Juni 2019
Nutzen Sie diese einmalige Gelegenheit, neben der großen Osanna zu stehen. Sie wird mit sechs Tonnen nicht nur deutlich schwerer sein als Ihre ganze Familie, sie ist auch höher gewachsen, zwischen zwei und zweieinhalb Meter wird sie messen. Und lauter wird sie natürlich auch sein, dann, wenn sie oben im Südturm hängt.
13 Tonnen Glockenbronze, acht Glocken – zwei davon erzählen alte Geschichten, sechs künden von heute. Und alle zusammen werden Ende Juni 2019 um den Leipziger Ring ziehen und auf dem Nikolaikirchhof geweiht.
Begrüßen Sie mit uns die Glocken, entdecken Sie die Schöpfungsmotive auf der Festtagsglocke, bewundern Sie die Schriftkunst auf den anderen fünf Glocken, fühlen Sie in die Historie der beiden von 1964. Hängen diese Glocken erst oben in den Türmen, wird es nur wenigen Personen vergönnt sein, sie aus der Nähe zu sehen.
Zücken Sie Ihren Kalender
→ Freitag, 28.6.2019: Um 18 Uhr startet der Festumzug mit Posaunenchor über den Leipziger Ring. Bereits 17.30 begrüßen wir am Leuschner Platz die geschmückten Glocken. Gegen 19 Uhr feiern wir auf dem Nikolaikirchhof unser neues Geläut, auch mit Glockenbier und Bratwurst.
→ Samstag, 29.6.2019: Um 14 Uhr feiern wir den Gottesdienst zur Glockenweihe – open air auf dem Nikolaikirchhof. Mit dabei ist der Schirmherr unseres Glockenprojekts Bundespräsident a.D. Joachim Gauck. Es spielt der Bläserkreis des Kirchenbezirkes Leipzig. Im Gottesdienst erklingt eine Auftragskomposition des Leipziger Komponisten Günther Neubert, in der die Glocken einbezogen werden. 17 Uhr erleben Sie „Das Lied von der Glocke“ – Max Bruch vertonte 1879 das gleichnamige Gedicht von Friedrich Schiller. Genießen Sie in der Kirche den BachChor und das Festivalorchester Leipzig.
→ Sonntag, 30.6.2019: Um 10 Uhr feiern wir Gottesdienst mit Abendmahl und werden anschließend bei einem gemeinsamen Mittagessen neben den Glocken auf dem Kirchhof das Festwochenende ausklingen lassen. Ab Montag beginnt der Einhub – die Osanna in den Südturm, die anderen sieben in den Nordturm.
→ Ausblick 9.10.2019: Um 17 Uhr laden wir zum Friedensgebet. Erstmalig wird das gesamte Geläut erklingen. Angefangen mit der kleinen Taufglocke wird eine nach der anderen den Klang verstärken, bis auch die sechs Tonnen schwere Osanna mit kräftiger Stimme den 30. Jahrestag der Friedlichen Revolution einläutet. Der Mitteldeutsche Rundfunk wird das Friedensgebet live im Fernsehen übertragen. Reservieren Sie sich diesen denkwürdigen Tag.
So in etwa kann es klingen.
Hosianna – Osanna
In den letzten Wochen haben wir uns auch um Pflanzen und Tiere gekümmert … Der Name der großen Festtagsglocke Osanna ist von Hosianna abgeleitet. Sie wird zu großen Feiertagen läuten. Und auch ihre Gestaltung ist ein großer Jubelruf. Der Entwurf des Künstlers Carsten Theumer huldigt der Schöpfung, zeigt ihre Vielfalt und Schönheit – die Pflanzen und Tiere des Wassers, der Erde, des Himmels, musizierende Engel und Sterne. Doch was genau soll abgebildet werden? Gehören auch die technischen Errungenschaften der Menschheit dazu? Wie ordnen wir es an? Diesen Fragen widmeten sich die Glockenprojektler gemeinsam mit dem Künstler, sortierten Tiere und Pflanzen. Die Gestaltung erzählt Geschichte: Im Zentrum stehen sich Lamm und Löwe gegenüber, wie es die Bibel über das Friedensreich verheißt. Übereinander sind eine Taube und ein Esel angeordnet. Die Taube erinnert an das Ende der Sintflut und der Esel an den Einzug von Jesus, dem Friedensbringer, in Jerusalem. Alle vier Motive gruppieren sich um einen Palmenzweig – Symbol des Friedens und zentrales Gestaltungsmittel im Innenraum der Nikolaikirche.
Auch die Entwürfe für die anderen fünf neuen Glocken wurden in gemeinsamen Beratungen weiterentwickelt, gemeinsam mit dem Künstler Tobias-David Albert. Die Seligpreisungen sind kalligrafische Kompositionen neuer und alter Schriftarten, verbinden Profanes mit Heiligem. Dazu mehr im nächsten Newsletter.
Nun wird der Künstler Carsten Theumer mit den aufwendigen Wachsvorlagen für die Osanna beginnen. Jedes der Motive wird etwa 20 bis 25 cm groß sein.
„Fest gemauert in der Erden …
… steht die Form, aus Lehm gebrannt. Heute muß die Glocke werden. Frisch, Gesellen! seyd zur Hand.“
So steht es in Schillers Gedicht „Das Lied von der Glocke“. Und so wird es geschehen – bei der traditionsreichen Glockengießerei Bachert, im März, in Neunkirchen-Baden. Der genaue Termin wird noch bekannt gegeben. Und natürlich werden wir ausführlich darüber berichten.
Die Gewerke rücken an
Gleich zu Beginn kommenden Jahres schaut erst mal die Wissenschaft im Südturm vorbei – die Wissenschaft der Baumzeit. Eine dendrochronologische Untersuchung soll Aufschluss geben, wie alt der historische Glockenstuhl wirklich ist. Zumindest das Alter des Holzes kann über die Jahresringe ermittelt werden.
Im Frühjahr wird es ein Abschluss-Läuten geben, bevor für die Glocken Ruhe einkehrt. In den Türmen selbst wird es allerdings alles andere als ruhig zugehen. Etliche Firmen setzen nun die Zeichen ihrer Zunft in Mauern, Technik und Glockenstuhl. Ab Februar füllt sich bereits der Nikolaikirchhof – Bauzäune werden gestellt, Materialien gelagert, ein Kran muss heran. Und mit diesem werden voraussichtlich Anfang April die drei vorhandenen Glocken aus den Türmen geholt. Sie können gerne zuschauen, der Termin wird auf unserer Website bekannt gegeben.
Die Zimmerer beginnen im Februar mit der Arbeit an den Glockenstühlen. Für die sieben Glocken im Nordturm entsteht ein neuer Glockenstuhl. Der alte, metallene wird in geeigneter Form entsorgt.
„Die Bäume – europäische Stiel- und Traubeneiche – wurden vor 300 Jahren gepflanzt und sind in Ruhe gewachsen. Vor einigen Jahren wurden sie eingeschnitten. Das Holz muss liegen, bevor es verarbeitet werden kann“, erzählt Andreas Müller, Inhaber des dafür zuständigen Thalheim Baugeschäftes.
Die Osanna wird im Südturm hängen. Dort steht der historische, hölzerne Glockenstuhl, der restauriert und ertüchtigt werden muss. Und zwar vor Ort. „Ihn auseinanderzunehmen, zu transportieren und zusammenzufügen, würde ihm nicht gut tun“, sagt Arndt Weise von der Zimmerei Weise aus Leubsdorf. „Vier Wochen Arbeitszeit mit drei Kollegen sind eingeplant.“
Zuerst muss die Decke über dem Glockenstuhl gesichert werden, Hölzer werden eingebaut, Betonkonsolen in die Wände eingelassen. Und der Glockenstuhl wird aufgehängt. Durch Senkungen des Turmes ist er nämlich nicht wirklich waagerecht. Der Turm erhält einen Ringanker rundherum, quasi einen Gürtel von innen. Somit werden die Schwingungen beim Läuten der schwergewichtigen Osanna weniger übertragen, Turm und Glockenstuhl sind stabiler. Das passiert übrigens gleichermaßen im Nordturm.
Der Glockenstuhl selbst wird gesäubert und ertüchtigt, also stabiler gemacht. Etliche Verbindungen sind nicht passgenau. Es braucht Einsatzstücke und zusätzliche Verstrebungen. Manches davon wird – optisch passend – aus vorhandenem Holz aus alten Balken der Decke gefertigt, anderes aus neuerer, aber ebenfalls gut abgelagerter Eiche.
„Spannend wird es“, sagt Herr Weise „wenn die neue, große Glocke auf den Turm kommt, durchs Fenster auf der Haupteingangsseite. Da müssen drinnen die Holzverstrebungen entfernt werden, damit sie überhaupt durchpasst. Und erst wenn sie drin ist, können wir den Glockenstuhl herablassen und alles vollenden.“
Von Ihrer Spende werden alle hören
Und zwar ab dem 9. Oktober 2019. Wir bedanken uns schon jetzt von Herzen. Ihre Unterstützung hat beigetragen, das Projekt möglich zu machen. Und dank der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, die auf jeden gespendeten Euro zwei draufgelegt hat, haben wir aktuell 131.000 Euro zusammen. Das sind 2/3 der Gesamtkosten. Im Januar kommt der Deckel auf den Spendentopf, das Projekt „Aus 1 mach 3“ läuft aus.
Ein dickes Dankeschön auch der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Zusammen mit der Glücksspirale von Sachsenlotto übergaben sie uns Anfang Dezember diesen großen Scheck. 25.000 Euro flossen in den Fördertopf.
Brot füllt nicht nur den Magen, sondern auch unser Konto. Beim Adventskonzert in der Nikolaikirche übergab Dr. Lukas Grieser, Namensgeber der Lukas-Bäckerei, den Erlös aus dem Spendenanteil der Osanna-Brote und Glocken-Brötchen. 7.787 Euro fließen ins Glockenprojekt. Das Brot dürfen Sie sich auch weiterhin schmecken lassen.
Weitere Informationen zum Glockenprojekt finden Sie unter: glockenprojekt.nikolaikirche.de
Verfasser: Susan Künzel
Fotos: Andreas Birkigt, Pfarramt Nikolaikirche, SachsenLotto, Susan Künzel